Netzwerken in der Lebensmitte: So findest Du die richtigen Menschen für Job & Freizeit

Netzwerken/Networking auf einer Party

Wie knüpft man neue Kontakte, wenn man nicht mehr Anfang 20 ist? Und wie funktioniert Netzwerken ohne aufdringlich zu sein – beruflich wie privat? In diesem Beitrag spricht Joachim Zdzieblo mit dem Vertriebsberater Tarek Abouelela darüber, wie Männer in der Lebensmitte ihr Netzwerk sinnvoll erweitern können. Wir reden über berufliche Umbrüche, neue Hobbys, Laufgruppen, digitale Plattformen – und darüber, wie man mit echter Neugier Menschen begegnet. Ein Beitrag voller praktischer Tipps und ehrlicher Erfahrungen.

Tarek, für einen Vertriebler, der Produkte oder Dienstleistungen verkauft, ist Networking täglich Brot. Kannst Du Dich an einen Moment erinnern, wo Dir besonders klar wurde, wie wichtig gute Kontakte sind?

Ich muss dazu sagen, dass ich ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind zum Vertrieb gekommen bin. In meiner Schulzeit war ich schon sehr expressiv und bin auf Leute zugegangen, aber wenn es darum ging, etwas anzubieten oder vor einer Gruppe zu stehen und ein Referat zu halten, bin ich fast gestorben.

Das kenne ich.

Und wenn Du dann mit Vertrieb anfängst, dann ist es Dein Daily Business. Du sprichst ständig fremde Leute an und kommst in Kontakt mit Menschen. Ohne das funktioniert es nicht, da machst Du keinen Umsatz. Und ich weiß noch genau, wie mein Mentor mir damals so einen Spruch gedrückt hat. Der hat immer so ganz schlaue Sprüche gemacht. Er hat gesagt: „Weißt Du, Tarek, Kontakte sind Kontrakte.“ Das haben, glaube ich, tausend Vertriebstrainer vor ihm auch schon erzählt. Und ja, da ist was dran. Vor allem relevante Kontakte. Ich möchte das ein bisschen spezifizieren. Denn es gibt Leute, die sammeln Kontakte ohne Ende. Und Dir bringen Deine ganzen Telefonnummern, die Du da einsammelst, und diese ganzen Kontakte oder Kontaktanfragen, die du auf LinkedIn stellst, gar nichts, wenn Du nichts daraus machst.

Ich habe einfach gemerkt, Kontakte bringen Dir dann was, wenn Du schnell mal was brauchst oder eine Frage hast und einfach Dein Handy nehmen kannst, jemanden anrufst und den vielleicht um Hilfe bittest. Das kann sogar sein, dass ich sage: „Mensch, ich rufe jemanden an, da weiß ich, der hat Kontakt zu Dir und ich möchte gerne in Kontakt zu Dir treten.“ Dann helfen mir meine Kontakte, neue Kontakte zu machen. Und ich würde sagen: „Du, diesen Joachim, den würde ich wahnsinnig gerne kennenlernen. Magst Du mir da mal mein Steigbügelhalter sein?“ Oder: „Kannst Du mir mal den Kontakt herstellen?“ Oder: „Hast Du einen Tipp für mich?“ Und da sind Leute wahnsinnig hilfsbereit.

Stimmt, ja. Das würde ich auch komplett so unterschreiben.

Und weil Du nach einem konkreten Zeitpunkt gefragt hast. Ich kann da gar keinen konkreten Zeitpunkt nennen. Ich weiß nur, als das Netzwerken für mich systematisiert wurde und mein Mentor zu mir gesagt hat: „Pass mal auf, Tarek, Du bist ein wahnsinnig guter Verkäufer. Jetzt machen wir was Neues. Jetzt machen wir Weiterempfehlungen.“

Und ich sagte: „Wie meinst Du denn das?“ „Du musst jetzt Leute fragen, wie zufrieden sie mit Deinem Gespräch waren. Dann sollen sie Dir Empfehlungen geben zu anderen Leuten.“ Das war mein allererster Kontakt zum Netzwerken.

Das ist fast ein bisschen peinlich, oder?

Das ging, muss ich ehrlich sagen. Ich habe gedacht: Okay, das ergibt irgendwie Sinn. Er hat mir das auch gut erklärt. Und dann habe ich das eine Weile gemacht und dann kam er auf mich zu und sagte: „So, Tarek, und jetzt machst Du Folgendes: Beim Gesprächseinstieg fragst Du schon nach der Weiterempfehlung. Also nicht am Ende, sondern Du kündigst das quasi an.“ Nach dem Motto: „Joachim, wenn Dir das heute gut gefallen hat, und auch wirklich nur dann, dann würde ich mich wahnsinnig freuen, wenn Dir drei, vier Leute aus Deinem Umfeld einfallen, für die ein solches Gespräch, was wir dann geführt haben, auch interessant sein könnte. Können wir das so machen?“ Du kannst Dir vorstellen, am Anfang eines Gesprächs sind die Leute eher skeptisch. Es war nicht so, dass Du Applaus dafür gekriegt hast. Es war eher so: Jetzt gucken wir erst mal.

Hätte ich auch gesagt: Jetzt gucken wir erst mal, was denn der so bringt.

Genau. Und ich habe dann gemerkt: Das hat bei mir tatsächlich Widerstand ausgelöst, das auszuprobieren. Ich habe es natürlich trotzdem gemacht, weil ohne Umsetzung erfährst Du es ja nie. Und siehe da: Das hat wirklich gut funktioniert. Und da habe ich gemerkt, wie wichtig dieses systematische Netzwerken ist. Und ich glaube spätestens mit dem Zeitpunkt, als Xing aufkam und diese Netzwerktreffen organisiert wurden, da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, es ordentlich zu machen und wie wichtig es ist, relevante Kontakte anzusprechen und auch vorbereitet zu sein.

Absolut. Was war denn Dein überraschendster oder wertvollster Kontakt, der durch Netzwerken entstanden ist? Ist da irgendwas hängen geblieben, wo Du sagst: Mensch, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, aber das war so gut, so wertvoll?

Das ist eine gute Frage. Ich mache das so viel und habe immer wieder Begegnungen, allein wenn ich im Flugzeug sitze. Ich kontakte immer mit den Leuten. Also man schaut sich dann an für einen kurzen Moment, ich weiß nicht, ob Du das kennst, Joachim, und merkt dann so, das könnte irgendwie gut werden. Und dann gehst du in Kontakt, dann sprichst du jemanden an.

Ich habe letztens jemanden neben mir sitzen gehabt. Da war ich auf dem Weg in den Ägyptenurlaub. Und ich mag einfach schöne Uhren. Der hatte eine sehr schöne Uhr an. Ich habe ein Kompliment für seine Uhr gemacht. Und zack, wir waren wie so best friends. Er hat mich auch gleich zu sich eingeladen und hat gesagt: „Komm doch da mal vorbei!“ Dann stellte sich raus, er ist Unternehmer. Unternehmer und ich, matchen eh gut. Ich bin auch Unternehmer. Das ist ein guter Kontakt und wir schreiben uns ab und zu. Man trifft sich auch mal, weil er gar nicht so weit weg von mir wohnt.

Das war so ganz überraschend. Aber ich habe ganz viele Kontakte, wo ich erlebt habe, dass man ins Gespräch kommt und dann spricht man halt auch mal darüber, was einen unternehmerisch beschäftigt. Und jemand gibt einem einfach einen Tipp oder einen Kontakt oder öffnet einem die Tür zu jemanden. Das möchte ich gar nicht an irgendeinem Ereignis festmachen, sondern ich erlebe das ständig, dass die Leute sehr bereitwillig helfen, wenn sie auch von Dir spüren, dass Du offen wärst.

Ja, finde ich auch. Ich meine, Du bist jetzt auch ein extrovertierter Typ. Du bist jetzt kein Introvert, würde ich mal schätzen.

Ja, ich bin sehr stark extrovertiert.

Ich liege eher in der Mitte, mit einem leichten Hang zum Introvertierten hin.

Man denkt ja immer, für die ganz Extrovertierten ist es total easy. Die babbeln einfach jeden an, der bei drei nicht auf den Bäumen ist. Ich gehe beruflich sehr stark nach außen. Dann merke ich manchmal, wenn ich im Flieger sitze, dass ich es jetzt einfach mag, für mich zu sein. Und gleichzeitig, wenn ich eine Chance erkenne, mit jemandem zu kontakten, der interessant ist, lasse ich mir die einfach nicht entgehen.

Ja, also wenn Du spürst, das ist jetzt dran oder der- oder diejenige ist sympathisch, dann zack...

Ja, da ist der Business-Kontakt gar nicht so im Vordergrund. Ich kann was sehr Lustiges erzählen. Auf der Männertoilette am Flughafen haben wir uns irgendwie am Waschbecken kennengelernt. Ich weiß gar nicht mehr, was der Gesprächsaufhänger war. Toller Anzug oder etwas Ähnliches. Und dann: „Sind Sie auch geschäftlich unterwegs?“ „Ja, wohin sind Sie unterwegs? Was machen Sie denn so?“ „Sind Sie auf LinkedIn?“ Und zack, waren wir connected.

So schnell geht es bei mir nicht.

Das war so witzig. Ich meine, beim Händewaschen mal eben.

Ja, so kann es sein. Jetzt gehen wir mal so ein typisches Fallbeispiel in der Lebensmitte durch. Viele Männer in dieser Phase stehen beruflich vor einem Umbuch. Nehmen wir mal den Fall an, ich möchte mir eine neue Stelle suchen und habe schon für mich interessante Unternehmen recherchiert. Wie würdest Du weiter vorgehen? Ich meine, nicht immer findet man auf der Webseite der Unternehmen Namen von Mitarbeitern der Personalabteilung, sondern nur anonyme Eingabeformulare. Und blindlings irgendwelche Initiativbewerbungen zu verschicken, möglichst noch mit der allgemeinen Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“, führt wahrscheinlich auch nicht ans Ziel. Was wäre Dein Tipp, auch wenn das jetzt nicht Dein Spezialgebiet ist.

Nein, aber das ist ja auch irgendwie Akquise. Ich möchte mir einen neuen Job akquirieren. Und das ist beim Vertrieb ja auch oft das Missverständnis, dass Leute denken, Du verkaufst einfach jedem irgendwas. Es geht ja vielmehr darum zu schauen: Gibt es da ein Match? Und wenn ich meine Arbeitskraft, meine Person jemandem anbiete und sage, ich könnte mir dieses Unternehmen vorstellen, dann finde ich es legitim. Es ist auch gar nicht mehr zeitgemäß, dass sich ein Unternehmen sehr stark verschließt. Gerade im Social Recruiting gibt es zig Agenturen, die das anbieten. Da ist immer ein Motto: Es stellt sich der Geschäftsführer in einem Video vor. Das wird auf Instagram gepostet. Und da stellen sich auch die Kollegen vor.

Denn welche Frage hast Du, wenn Du auf ein Unternehmen zugehst? Ich würde wissen wollen: Wie ist da die Kultur? Wie sieht mein Chef, meine Chefin aus? Also wie sind die so drauf?

Wie ticken die?

Wie sind meine Kollegen? Wie ticken die? Wie ist mein Arbeitsplatz? Wie sieht der aus? Das wären so Fragen. Wenn ich in der Lebensmitte bin, habe ich ja schon ein paar Jahre Erfahrung drauf. Dann gehe ich ja nicht einfach irgendwo hin. Sondern ich möchte wohin gehen, wo ich die nächste Zeit bleibe. Oder bis ich in Rente gehe, möglicherweise. Ob das heute immer noch so planbar ist, sei mal dahingestellt. Aber grundsätzlich, wenn ich in einem Umbruch bin, mit dem ich mich lange beschäftigt habe, vielleicht ist Familie da und ich habe ein paar finanzielle Verpflichtungen, dann fange ich ja nicht Hoppi Galoppi mal eben was Neues an.

Man ist keine Anfang 30 mehr, wo man sagt: Wenn es nicht hinhaut, dann haue ich halt wieder ab. Das ist nicht so einfach in unserer Altersriege. Da überlegt man schon mal.

Gleichzeitig plädiere ich immer dafür, wenn es Dich wirklich wohin treibt, dann prüf doch mal, was es braucht, um diesen Weg zu gehen. Und ich empfehle folgendes, und dafür kriege ich jetzt ganz viel Haue von allen Personalabteilungen, die sagen: „Oh, Tarek, Du wieder!“ Ich würde einfach mal anrufen.

Einfach anrufen, bestenfalls die Null weglassen und irgendeine Nebenstelle wählen?

Auch den Tipp habe ich mal in einem Podcast gegeben.

Vertriebscoach und Unternehmer Tarek Abouelela
Vertriebscoach, Unternehmer, Netzwerker: Tarek Abouelela (Foto: privat)
Kenne ich aus dem Journalismus. Habe ich früher gerne so gemacht.

Ja, habe ich auch so gemacht. Einfach mal anrufen. Ist in Deinem konkreten Fallbeispiel eine Stelle ausgeschrieben oder interessiere ich mich einfach nur für das Unternehmen?

Ich würde sagen, es ist ein Unternehmen, das interessant für mich ist, das vielleicht zu meiner Expertise passt. Die scheinen auch vielleicht so zu ticken, wie ich es gerne hätte, rein von der Recherche her.

Dann könntest Du Dir auch überlegen, direkt mal bei der Geschäftsleitung versuchen durchzukommen. Du kommst dann vielleicht nur bis zur Assistenz. Ich mag es immer ehrlich. Ich finde es auch bei Vertriebsleitfäden immer wichtig, ehrlich zu sagen, was ich möchte. Klar in einem Konzern gibt es Prozesse. Aber ich kann ja trotzdem mal sagen: „Ich habe zwar keine Stellenanzeige von Ihnen gesehen. Gleichzeitig weiß ich, dass Unternehmen eine Sache immer brauchen, und das sind gute Leute. Und mir ist Ihr Unternehmen aufgefallen.“

Und dann zähle ich halt ein paar gute Gründe auf, warum es mir aufgefallen ist. Und das sollten dann auch wirklich nicht total generische Punkte sein, sondern wirklich Dinge, die mich angesprochen haben. Dann sage ich: „Wissen Sie, bevor ich mir jetzt überlege, eine Bewerbung rauszuschicken, würde ich gerne mal mit jemanden aus der Abteilung sprechen. Denken Sie, das ist grundsätzlich möglich?“

Berechtigte Frage.

Und dann lerne ich ja auch was über die Kultur. Ich würde etwas über die Kultur lernen, wenn ich mit gar niemandem sprechen darf. Wenn ein Unternehmen gerade keine Vakanzen hat und nichts ausgeschrieben hat, dann ist die Frage: Komme ich da wirklich hin?

Ich würde mir tatsächlich auch mal das Social-Media-Profil angucken. Viele Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen haben mittlerweile ein LinkedIn-Profil. Manche haben das sogar in ihrem Arbeitsvertrag drinstehen, dass sie es machen müssen.

Ich hoffe, sie mögen es dann auch, sonst machen sie es nicht gut.

Man kann es lieben lernen. Ich wurde ja auch ein bisschen zu Social Media genötigt. Mittlerweile macht es richtig Spaß. Ich bin ja eher so Team Instagram. Und wenn ich dann sehe, da hat jemand ein Profil, dann schreibe ich dem auch manchmal. Und es ist erstaunlich: Viele verwalten ihr Instagram-Profil oder auch ihr LinkedIn-Profil selber. Du kannst auch jemanden auf LinkedIn einfach anschreiben und sagen: „Mir hat der Artikel gut gefallen.“ oder „Mir hat die Werbung, die sie gemacht haben, gut gefallen. Und wissen Sie, ich habe jetzt auf Ihrer Website gar keine Stellenanzeige aktuell gesehen. Jetzt weiß ich nicht, möglicherweise passt ja jemand mit meinem Profil zu Ihrem Unternehmen. Spricht was gegen einen kurzen Austausch von einer Viertelstunde?“

Wow. Ja, das liegt eigentlich so nahe und trotzdem klingt das für mich so revolutionär.

Weißt Du, die einfachen Sachen funktionieren, Joachim. Das sage ich den Leuten auch immer im Vertrieb. Wenn dann Leute drei, vier Seiten Text schicken, lesen sich manche das schon gar nicht durch.

Das ist es eben. Die müssen dann die Zeit für irgendwelche Initiativbewerbungen aufbringen.

Ja. Und ich würde es erstmal qualifizieren, weil, wie Du sagst, müssen die Zeit investieren und denken: „Jetzt schickt der mir da so ein Riesenpamphlet. Was soll ich denn damit?“ Ich will mich ja auch nicht anbieten wie Sauerbier, sondern ich möchte mich anbieten, wenn es passt. Im Vertrieb machst Du ja auch erstmal eine Bedarfsermittlung, bevor Du ein Angebot schickst.

Du hast gesagt, Du bist immer ganz direkt und offen. Es gibt ja beim Netzwerken den Tipp, erstmal in die Beziehung zu investieren und zu geben, bevor man nimmt. Ist das nicht ein bisschen verlogen, wenn ich schon ein ganz konkretes Anliegen habe? Wäre es nicht besser, dieses direkt zu äußern, ohne Rumgeeiere?

Jetzt muss ich Netzwerken und Vertrieb unterscheiden. Denn wenn ich mich für einen neuen Job einem Unternehmen anbiete, dann habe ich ein direktes Interesse und dann sollte ich das offen ansprechen. Beim Netzwerken weißt Du das ja nicht.

Ich habe ja oft die Frage: Wie komme ich in Kontakt zu einem Mentor? Oder: Wie komme ich in Kontakt zu interessanten Persönlichkeiten? Wie kann ich mich austauschen? Und bei vielen Netzwerktreffen ist es manchmal so – Entschuldigung, wenn ich das so direkt sage, aber ich glaube, in Deinem Podcast darf man auch direkt sein –: Leid sucht Elend.

Das ist wirklich ganz schrecklich. Da sind dann Leute, die schlecht vorbereitet sind. Der eine hat kein Budget und versucht verzweifelt, irgendwie Kunden zu akquirieren, weiß aber auch nicht so richtig wie. Und dann wird dem was angeboten. Ich habe dazu auch schon mehrere Podcasts gemacht, wo ich live dabei war und dachte: Ich werde nie arbeitslos. Und das klingt jetzt böser, als es gemeint ist. Denn ich finde es ja toll, dass die Leute sich rausbewegen und zumindest was machen. Ich kann auch nicht verstehen, dass die Leute auf LinkedIn immer so Shaming-Posts machen, wenn sie angeschrieben wurden. Die, die aktiv sind, sind mir lieber, selbst wenn sie schlecht aktiv sind, als die, die einfach immer nur dasitzen und jammern. Dass die Qualität, wie die Ansprache gemacht wird, teilweise sehr schlecht ist, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber grundsätzlich sind mir all diejenigen, die aktiv werden, viel, viel lieber als die, die einfach nicht in die Hufe kommen. Das ist ein ganz merkwürdiges Phänomen, das ich da beobachte.

Du hast vorher Veranstaltungen der Netzwerke genannt. Hast Du da konkrete Formate oder Veranstaltungen, die Du empfehlen kannst für gutes berufliches Networking, online wie offline? Oder würdest Du sagen: Lass die Finger davon?

Tatsächlich nicht. Also früher gab es zum Beispiel Xing-Treffen. Die fand ich eigentlich ganz gut, weil Du gucken konntest, wer da alles kommt, und konntest Dich richtig vorbereiten. Ich habe mir immer eine Zielkundenliste gemacht. Ich habe geschaut, wer davon ist interessant. Ich habe genau die gezielt und auch sehr direkt angesprochen. Also da habe ich nicht so genetzwerkt nach dem Motto „erst geben, dann nehmen“, sondern das war für mich Akquise.

Also bin ich da hingegangen, habe gesagt: „Mensch, ich habe mich gefreut, dass Sie heute hier sind. Und ich wollte auf jeden Fall mit Ihnen ins Gespräch kommen, weil punkt, punkt, punkt.“ Und da habe ich meinen Pitch gemacht. Und dann sage ich, wenn das jemand von einer Versicherung war: „Ich betreue wahnsinnig viele Versicherungen, da sind diese und jene Themen spannend. Da dachte ich, vielleicht könnten wir uns mal austauschen. Immer vorausgesetzt, es ist spannend für Sie.“ „Ach ja, erzählen Sie mal.“

Und ansonsten im beruflichen Kontext, wenn ich zum Beispiel Ingenieur bin, und es gibt irgendeine spannende Fachmesse, und ich weiß, die stellen da aus. Dann kann ich mich da doch mal austauschen mit den Leuten, die auf der Messe sind. Die wissen ja auch ein bisschen, wie es um Jobs steht. Warum nicht?

Es gibt ja auch Recruiting Days, wo es Austausche gibt. Aber ich glaube, selber aktiv werden, ist ganz spannend. Ich würde mir nicht ein Format aussuchen, wo es gezielt darum geht. Sondern ich würde ein bisschen rebellisch an der Seite vorbeigehen. So, wie Du es auch gesagt hast, dass Du als Journalist einfach eine Durchwahlnummer gewählt hast.

Genau, weil es dann vielleicht nicht so bedürftig wirkt.

Ja, genau.

Welche Rolle spielen für Dich Plattformen wie LinkedIn oder XING im Vergleich zu persönlichen Begegnungen?

Ich finde Online-Netzwerken okay. Auch, um mal in Kontakt zu kommen. Und gleichzeitig macht es nochmal was mit der Beziehung, wenn man sich auch mal persönlich kennenlernt. Ich mache das ganz gerne. Ich habe Leute, die irgendwo in der Welt verteilt sind. Und dann ist es nicht immer so einfach, dass man sich mal sieht. Dann finde ich ein regelmäßiges Telefonat, mal ein Face-Time-Call, ein Online-Meeting sehr gut, um Beziehungen auch aufzubauen. Das kann gut funktionieren und ich mache halt das, was gerade geht. Aber an irgendeiner Stelle, wenn ich dann sehe, ich bin mal in einer Stadt, wo ich Leute kenne, dann sage ich: „Hey, wollen wir uns einfach mal treffen?“

Und so finde ich den persönlichen Austausch schon wichtig. Wir haben es mittlerweile gelernt, über Video gut zu funktionieren und gleichzeitig ist dieses persönliche Gespräch wichtig. Und wenn ich mich für einen neuen Job orientiere, also beruflich netzwerke, dann halte ich es schon für wichtig, da mal vorbeizugehen, sich zu zeigen und es zu sehen.

Das ist vielleicht eine ganz schöne Parallele: Ich hatte mal in einer Episode eine Online-Dating-Expertin zu Gast, das war die Johanna Degen in der Folge 15*. Und die hat gesagt, dass man schnellstmöglich von der Online-Kommunikation zu einem Live-Treffen kommen sollte. Aus dem, was Du gesagt hast, klingt raus, dass es schön ist, wenn man sich online trifft, aber dass man auch jede Chance nutzen sollte, sich persönlich zu treffen. Oder sich zumindest mal zu sehen, so wie wir beide jetzt zum Beispiel.

Ich gehe auch möglichst schnell, wenn ich vertrieblich aktiv bin und einen Kontakt zum Beispiel über Instagram mache, ans Telefon.

Ja, das habe ich an eigener Person erfahren können. Ich habe Dich zweimal angeschrieben. Nach dem ersten Mal habe ich 14 Tage gewartet. Dann habe ich Dich nochmal angeschrieben und gerade auf „Senden“ gedrückt und zack, hast Du mich angerufen. Ich war ein bisschen perplex, habe mich dann relativ schnell gefangen und fand es auch ziemlich gut. Aber das war ich nicht gewöhnt.

Ja, ich rufe dann relativ schnell an. Das geht dann ganz zackig, und das empfehle ich immer. Und klar, beim Dating wäre es schon wichtig, aus dem Chatten herauszukommen und sich zu treffen. Darum geht es ja. Bestimmt gibt es dieses Beziehungsformat auch, die man nur online führt. Das wäre jetzt nicht meine Lieblingsbeziehung. Von daher ergibt es schon Sinn, was die Kollegin gesagt hat, sich möglichst schnell zu treffen und in Kontakt zu gehen. Und gerade beim beruflichen Netzwerken, wenn man sich mal näher austauschen möchte, kann ich es nur empfehlen, dass man sich trifft.

Das, was Du vorher gefragt hast, möchte ich nicht unbeantwortet lassen: Die Frage, ob Netzwerken unehrlich ist, wenn man absichtsbezogen hingeht. Wenn man normales Networking betreibt, möchte man einfach mal spannende Menschen kennenlernen. Es gibt ja den Spruch: „Kontakte schaden nur denen, die sie nicht haben.“ Und wer weiß, was für ein spannender Kontakt mal dabei ist.

Aber wenn Du vom Stamme der Nehmer bist und immer nur nimmst, nimmst, nimmst, Dir Tipps einholst, aber wenn Du mal gefragt oder gebraucht wirst, Du nie da bist, dann bist Du nicht spannend im Netzwerk. Das funktioniert alles auf Reziprozität. Das heißt, ich muss auch mal geben. Und darum, wenn jemand mich anruft und mal einen vertrieblichen Tipp möchte, gebe ich immer.

Allein der Podcast, den Du machst oder den ich mache, da kriegen wir erstmal nichts für. Da gebe ich ja erstmal. Ich gebe ganz, ganz viel Wissen einfach so raus – for free. Mir hat mal ein Kollege gesagt: Bist Du eigentlich irre, das alles im Podcast for free zu erzählen? Vielleicht bucht uns dann niemand mehr für ein Seminar.“ Ich wusste gar nicht, was ich dazu sagen sollte. Da habe ich gesagt: „Du, ich kann jetzt nicht klagen. Ich habe jetzt auch nicht gemerkt, dass es irgendwie schlechter geworden ist durch den Podcast, sondern eher umgekehrt.“ Natürlich solltest Du mit der Absicht, interessante Kontakte zu machen, nicht mit jedem netzwerken, sondern schnell für Dich herauskristallisieren: „Matcht das überhaupt?“ Und im beruflichen oder vertrieblichen Kontext muss ich ja herausfinden, ist das für mich überhaupt ein spannender Kontakt?

Kleiner Side-Fact. Manchmal denke ich, das ist für mich zwar kein spannender Kontakt, aber vielleicht für den Joachim. Und dann würde ich immer sagen: „Hey, ich kenne da jemand, das könnte vielleicht passen.“ Und dann connecte ich Leute.

Ja, so sind wir beide auch zusammengekommen, weil ich einen sehr bekannten Podcast-Coach, den Du gut kennst, in seinem Netzwerk gefragt habe. Und dann hieß es: „Frag doch mal den Tarek.“ So kam das zustande. So geht das eben auch. Jetzt machen wir mal den anderen Fall. Und zwar dass nicht ich in Kontakt trete, sondern kontaktiert werde. Was machst Du, wenn Du zum Beispiel auf LinkedIn ohne Nachricht um Vernetzung gebeten wirst. Man muss ja dazu sagen, wenn man bei LinkedIn auf „Vernetzen“ klickt, kann ich wählen zwischen „Nachricht hinzufügen“ und „ohne Notiz senden“. Ich finde solche Anfragen manchmal ein bisschen undurchsichtig oder beliebig. Und manchmal bereue ich es dann, den Kontakt angenommen zu haben, weil dann eine Kaltakquise kommt, die gar nicht zu dem Arbeitsfeld passt, in dem ich gerade aktiv bin. Kennst Du das?

(lacht) Nee, das ist mir noch nie passiert. Doch natürlich kenne ich das.

Wie würdest Du damit umgehen? Würdest Du sagen: „Nö, wenn der oder die sich nicht die Mühe macht, eine Nachricht hinzuzufügen, dann nehme ich es nicht an“?

Ich bin da, ich glaube, easy. Meistens nehme ich die Anfrage einfach an. Das habe ich jahrelang so gemacht. Mittlerweile muss ich zugeben, wenn auf LinkedIn steht „Ich verhelfe Dir ohne finanziellen Aufwand zu 1.560 Neukunden am Tag“, dann lasse ich es einfach sein. Also dann nehme ich den Kontakt nicht an. Weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass danach so eine völlig wahllose Kaltakquise kommt, wo ich dann immer denke „meine Güte“.

Und doch nehme ich solche Anfragen manchmal an, weil ich ja genau weiß, was passiert. Und dann verkaufe ich denen ein Vertriebsseminar. Das ist tatsächlich tagesformabhängig. Ich gucke dann, ob die eine gewisse Größe haben. Dann nehme ich die Anfrage an und schaue mir einen Vertriebspitch an und dann sage ich: „Ich glaube, Du kannst mir nicht helfen. Ich kann Dir helfen.“ Und dann drehen wir das einfach um.

Das ist ein guter Tipp für Vertriebler oder Vertriebscoaches.

Ich würde mir halt immer überlegen: Ist der Mensch interessant für mich? Also ist es eine interessante Zielperson? Oder könnte der vom Unternehmen her interessant sein. Ich bin erstmal relativ großzügig mit dem Annehmen. Man kann die auch danach wieder entfernen, da bin ich mittlerweile sehr schmerzbefreit. Auch wenn auf meiner Timeline komische Sachen auftauchen, dann entfolge ich Leuten. Das gönne ich mir jeden Monat einmal.

Networking läuft heute viel über Online-Portale
Networking läuft heute viel über Online-Portale (Foto von Annie Spratt auf Unsplash )
Guter Tipp, so hält man sein Netzwerk sauber.

Ja, und vor allem muss man auch den Algorithmus bedenken. Das Fatalste, was Du machen kannst, ist, in Social Media zu scrollen, es klingt an der Tür, und Du lässt Dein Handy einfach liegen. Und dieses Filmchen läuft die ganze Zeit ab. Wenn es zufällig was Doofes war, dann hast Du in den nächsten Tagen komischen Content.

Absolut. Jetzt schauen wir mal vom beruflichen weg aufs private Networking. Vielen fällt es leichter, im Rahmen des Jobs Kontakte zu knüpfen.

Da gibt es ja auch einen Anlass.

Eben, da gibt es einen Anlass. Da geht es um sachlich-fachliche Themen. Außerhalb des Berufskontexts fühlen sich manche verletzlicher oder bedürftiger. Wie überwindet man die Scheu, privat auf Menschen zuzugehen, um zum Beispiel eine Laufgruppe zu gründen oder ein gemeinsames Hobby auszuüben?

Ja, das ist tatsächlich eine ganz interessante Frage. Es gibt Menschen, die beruflich in eine neue Stadt gezogen sind. Und in der Lebensmitte hat man ja eigentlich seine Freunde. Und das hat was mit dem Selbstbild zu tun. Welches Selbstbild habe ich von mir? Habe ich eher ein statisches Selbstbild oder ein Growth Mindset, also ein dynamisches? Und Menschen mit einem statischen Selbstbild sagen: „In meinem Alter lernt man halt keine Leute mehr kennen. In meinem Alter ist es so schwer, Freundschaften zu knüpfen.“ Natürlich gibt es Leute, die sich seit der Schule kennen. Die sind die Gang.

Die wohnen auch oftmals noch am gleichen Ort.

Und das sind natürlich Freundschaften, wo kein Blatt dazwischen passt. Und gleichzeitig finde ich auch, Du kommst in eine neue Stadt und musst ja Leute kennenlernen. Und dann wäre es gut, sich einer Laufgruppe anzuschließen oder einer Fahrradgruppe oder einen Kochkurs zu machen. Da lernst Du Leute kennen. Und wenn ich da jemanden gut finde, dann würde ich sagen: „Du Joachim, das war jetzt richtig nett mit Dir. Wenn Du Bock hast, lass doch mal einen Kaffee trinken gehen.“ Und dann tauschen wir Handynummern aus.

Niederschwellig.

Und dann ist Beziehung halt auch Arbeit.

Es braucht einen gemeinsamen Erlebnisschatz oder eine gemeinsame Zeit, die man miteinander verbringt.

Ja, in neue Beziehungen oder Freundschaften musst Du richtig rein investieren. Ich habe Freunde, die sehe ich so selten. Aber wir knüpfen halt an dieser Vergangenheit an.

Da ist die Basis schon da.

Das heißt, wir haben uns drei Monate nicht gesehen und machen genau da weiter, wo wir aufgehört haben. Da gibt es keinen Abbruch, da gibt es kein Problem.

Ich meine, wer geht schon hin und sagt: „Ich habe keine Freunde, ich suche jemanden.“ Oder: „Ich fühle mich einsam.“ Einsamkeit ist ja eh ein schwieriges gesellschaftliches Thema. Und dann offen zuzugeben: „Ich fühle mich einsam.“ Dann wirkst Du wahnsinnig bedürftig oder verzweifelt. Da machen manche den Fehler, wenn sie jemand Neues kennenlernen, innerhalb von einer Viertelstunde alle Schicksalsschläge und jegliches Drama, was im Leben war, zu erzählen. Und dann denkt sich die andere Person: „Irgendwie ein netter Kerl, aber ich glaube, das könnte schwierig werden.“

Zu viel Privates, Intimes in zu kurzer Zeit. Das macht man ja nur bei Leuten, die man sehr gut kennt. Ich würde das als grenzüberschreitend empfinden.

Genau, das ist fast übergriffig. Aber ich erlebe das manchmal. Dann sitzen Leute in der Runde und plötzlich aus dem Nichts heraus geht es plötzlich los. Es ist einerseits schön, dass sich jemand öffnet, aber es ist in dem Kontext und dieser Gruppe ein bisschen schwierig.

Und da empfehle ich, sich ein paar Mal zu verabreden und dahin zu gehen, wo Menschen sind, an denen man auch Spaß hat. Mit denen man zum Beispiel ein gemeinsames Hobby hat. Da gibt es mittlerweile viele Meetup-Gruppen. Es ist heutzutage nicht mehr schwierig, in Kontakt zu anderen Menschen zu kommen.

Selbst mit außergewöhnlichen Hobbys wie Podcasting lernt man relativ schnell Gleichgesinnte kennen.

Ja, und da entstehen auch Freundschaften. Du musst halt auch überlegen: Wie will ich wahrgenommen werden von meinem Gegenüber? Bin ich jemand, der gut zuhören kann? Erzähle ich nur von mir? Interessiere ich mich auch für den anderen? Gebe ich dem vielleicht auch mal einen guten Tipp? Wie gebe ich ihm einen Tipp? Bin ich die ganze Zeit der Erklärbär und gebe ungefragt Ratschläge?

Ja, oder muss ich immer die Unterhaltung aufrechterhalten? Das kennst Du vielleicht auch, wenn man gerne redet, aber es dann welche gibt, die so introvertiert sind, dass von ihnen wenig kommt. Da habe ich mittlerweile nicht mehr so Lust, die Unterhaltung ständig am Laufen zu halten, weil ich finde, wie schon gesagt, dass es ein Geben und Nehmen geben sollte. Da muss auch mal vom anderen was kommen.

Wie gehst Du denn aus sowas raus, Joachim?

Gute Frage. Es kommt natürlich darauf an, wie ich mit dieser Person verbunden bin. Wenn die Verbindung eng ist, dann ist es schwieriger. Wenn es irgendwo auf einer Party ist, dann sage ich: „Ich gehe mal weiter“ oder „Ich hole mir ein Getränk“. Und dann bin ich erstmal weg. Ich rede ja beruflich auch relativ viel und durchs Podcasten auch. Das ist nicht arrogant gemeint, aber mir fehlt da manchmal die Kraft, Gespräche am Laufen zu halten. Früher ging das vielleicht noch eher, aber jetzt, in der Lebensmitte, da muss man auch ein bisschen mit seinen Kräften haushalten. Das wäre jetzt auch schon meine nächste Frage an Dich. Hat sich Deine Art, ein Netzwerk zu knüpfen und zu pflegen in der Lebensmitte verändert? Du bist ja mit 48 auch schon mittendrin.

Ja, total. Zum einen hat sich mein Freundschaftsbegriff verändert. Früher habe ich fast alles Freunde und Freund genannt. Eine Sache ist mir gerade in den Kopf gekommen: Ein Geschäftspartner von mir, der hat was Schönes gezeigt. Der eröffnet gerne seine Seminare mit einer Sanduhr. Und er sagt dabei immer: „Wisst Ihr, bei mir ist mittlerweile mehr Sand unten drin, wie mir wahrscheinlich oben bleibt. Ich habe einfach keinen Bock mehr auf Bullshit.“ Und das finde ich schon sehr eindrucksvoll. Und da ist was dran.

Ich hoffe natürlich, dass da noch viel Sand drin ist. Und gleichzeitig überlege ich mir genau: Mit wem verbringe ich meine Zeit? Auf was für Menschen habe ich Lust und auf welche habe ich keine Lust mehr? Und wenn ich merke, dass jemand einfach nur nimmt und so ein Energiedieb ist oder mir es nach dem Treffen einfach nicht gut geht mit der Person, bin ich heute nicht mehr bereit, Zeit zu investieren. Ich meine, beruflich als Vertriebler muss ich das machen. Aber ich gehe auch nicht mehr wahllos auf jedes Netzwerktreffen. Tatsächlich habe ich das Glück, so tolle Kunden zu haben. Es macht mir großartig Spaß, mit denen auch Abendessen zu gehen. Das sind alles interessante Menschen. Von daher muss man ein bisschen gucken, mit wem man enger zusammenarbeiten möchte, mit wem nicht. Ich wähle das schon genau aus.

Wenn Du in der Lage dazu bist, ist das natürlich super. Aber privat sowieso, würde ich auch sagen. Es kann ja mal passieren, dass ein Freund ein Tief hat und viel erzählt, was Energie kostet, aber das ist ja kein Problem. Aber wenn man immer das Gefühl hat, da fließt Energie ab und ich bin nach einem 2-3-Stunden-Treffen richtig k.o…

Oder jemand verhält sich immer doof. Ich war mal in einer Gruppe, das war jetzt niemand aus meinem Freundeskreis, aber der war da mit dabei. Und da gab es einen, der vor allem gegenüber den weiblichen Bedienungen ein ganz unangenehmes Auftreten hatte. Das war richtiges Fremdschämen. Da dachte ich: Das brauche ich jetzt nicht. Das ist nicht mein Stil. Das ist nicht meine Art von Benehmen.

Ich höre raus, Du bist auch ein bisschen selektiver geworden als mit Mitte/Ende Zwanzig.

Ja, natürlich. Ich glaube, das ist auch ein ganz natürlicher Prozess. Manche Menschen erkennen das früher, welche Menschen ihnen guttun und welche nicht. Und von welchen sie sich fernhalten und von welchen nicht. Und manche erkennen das später. Wenn Leute eine Familie gründen, wird es ja auch sehr viel selektiver, mit wem man sich wann trifft.

Weil die Zeit knapper geworden ist.

Das ist für mich ein ganz natürlicher Prozess und fühlt sich stimmig an. Und manchmal lernt man auch überraschend neue Menschen kennen. Gut, ich lerne ja ständig neue Menschen kennen. Und ich schließe es auch nicht aus, dass ich plötzlich mit jemandem, mit dem ich beruflich verbunden bin, eine private Freundschaft habe. Darum fangen ja auch viele Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz an, weil man einfach wahnsinnig viel Zeit miteinander verbringt. Und warum sollten da keine Freundschaften entstehen?

Letzte Frage, Tarek: Wenn Du Männern Ü40, Ü50 einen einzigen Ratschlag mitgeben dürftest, was Netzwerken angeht, welcher wäre das?

Erstmal würde ich das Alter völlig außen vorlassen. Wenn Du Lust hast, jemanden kennenzulernen, lerne denjenigen einfach kennen. Alter ist für mich eine Zahl. Ich würde nicht sagen, wenn ich Mitte 50 wäre: „Oje, die Person ist 35. Kann ich den jetzt überhaupt kennenlernen? Passt das überhaupt?“ Hey, wenn es ein cooler Typ ist, und Du findest den gut und könntest Dir vorstellen, mit dem den ganzen Abend über Podcast zu quatschen, dann let’s go.

Sich einfach mal trauen. Und wenn ich jetzt einfach nur den Tipp gebe: „Sei doch mutig“, dann glaube ich, ist das der falsche Tipp. Denn ich glaube, es braucht keinen Mut, sondern Vertrauen. Ich glaube, Männer in ihrer Lebensmitte haben ein paar Jahre Erfahrung auf ihrem Buckel und dann dürfen die auch alle darauf vertrauen, dass sie schon wissen, wie sowas funktioniert, und man es einfach machen kann.

Und darum: Mit dem nötigen Vertrauen in Dich selber und wenn Du ein klares Bild im Kopf hast, wie Du wahrgenommen werden magst, und meistens passt es schon, wie Du bist, dann einfach mal machen und gucken, sich zurücklehnen, sich entspannen. Wahrscheinlich wird es gut.

Titelfoto von M ACCELERATOR auf Unsplash

Vertriebscoach und Unternehmer Tarek Abouelela
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Netzwerken in der Lebensmitte: So findest Du die richtigen Menschen für Job & Freizeit

Wie knüpft man neue Kontakte, wenn man nicht mehr Anfang 20 ist? Und wie funktioniert Netzwerken ohne aufdringlich zu sein – beruflich wie privat?

In dieser Folge von „Männer gestalten die Lebensmitte“ spreche ich mit dem Vertriebscoach Tarek Abouelela darüber, wie Männer Ü40/Ü50 ihr Netzwerk sinnvoll erweitern können. Wir reden über berufliche Umbrüche, neue Hobbys, Laufgruppen, digitale Plattformen – und darüber, wie man mit echter Neugier Menschen begegnet. Eine Folge voller praktischer Tipps und ehrlicher Erfahrungen.

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